Wieviel Kain und Abel steckt heute noch in uns? Diese Frage stand am vergangenen Sonntag beim Abendgottesdienst in der Friedenskirche in Bad Liebenstein im Raum. Wir kennen solche Situationen doch zu Genüge: enttäuschte Liebesmüh, die Angst vor Ablehnung oder Alleinsein, falsche Überheblichkeit, erst die Leugnung einer Tat und dann Reue.

Das Erste, was wir vom Menschen außerhalb des Paradieses – jenseits von Eden – erfahren, ist der Brudermord. Pfarrer Roland Jourdan legte in seiner Predigt die Erzählung von 1. Buch Mose, Kapitel 4, die Geschichte von Kain und Abel aus und stellte eine Verbindung zur Gegenwart her, indem er die Frage in den Raum stellte: „Gehen wir heute nicht zivilisierter miteinander um?

Denn auch heute noch sind die Empfindungen Gottes und auch die Seiten der Brüder gegenwärtig. Abel wird überall dort in seiner Würde verletzt, wo die Achtung und der Respekt der Menschen mit Füßen getreten wird. „Brudermord ereignet sich tagtäglich in vielen Teilen unserer Welt“, so der Pfarrer. „Nehmen starke Gefühle in uns überhand, dann können auch wir uns vergessen“, ergänzt er. Dies zeigt sich oftmals darin, dass der Mensch offensichtlich gewalttätig, neidisch, eifersüchtig und auch bereit ist, seinen Mitmenschen, das heißt, seinen Bruder, zu töten.

Wie gut kenne ich mich selbst? Wie reagiere ich in Zeiten von Stress oder in Lebenskrisen? „Doch auch wenn wir uns einmal vergessen, Gott gibt uns immer wieder eine Chance zur Versöhnung“, so Pfarrer Jourdan. Mit der Schuld bei Gott bleiben. Das ist allemal besser, als der Rache und dem Hass dieser Welt ausgeliefert zu sein.

Musikalisch wurde der Abendgottesdienst von Pfarrer Peter Nietzer mit der Posaune und von Pfarrer Roland Jourdan mit der Gitarre umrahmt. Im Anschluß gab es bei Imbiss und Getränken vor dem Pfarrhaus Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen. Der Erlös der Kollekte geht an die Katastrophenhilfe der Diakonie zur Unterstützung der Flutopfer in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz.