Beim Abendgottesdienst am vergangenen Sonntag wurde die Laurentius-Kirche in Kaltenwestheim zum Gerichtssaal. In einer Verhandlungspredigt standen sich Pfarrerin Stephanie Reinhardt (Roßdorf-Wernshausen) als Klägerin und Diakonin Isabell Liebaug (Bad Salzungen) als Verteidigerin gegenüber. Angeklagt wurde Friedrich Feigenbaum, geboren 2015, wohnhaft in einem palästinensischen Weinberg. Ihm droht nach seiner dreijährigen Fruchtlosigkeit die Todesstrafe.

Der Besitzer des Weinbergs (vertreten durch die Klägerin) plädierte angesichts der Fruchtlosigkeit dafür, den Feigenbaum abzuhauen. Er entziehe dem Boden nur unnütz Nährstoffe und beanspruche „Land" für sich, das anderweitig besser genutzt werden könne. Der Weingärtner (vertreten durch die Verteidigerin) hingegen trat für den Feigenbaum ein und bat darum, dass ihm noch ein weiteres Jahr gewährt werden solle. Wenn er am Ende dieser Zeit immer noch fruchtlos sei, könne man "ihn künftig abhauen".

Am Ende der Verhandlungspredigt durften die Besucher:innen als hohes Gericht Gottes selbst zwischen Gerichtskonsequenz und Gnadenchance entscheiden. Auch wenn am Anfang der Gerichtsverhandlung die Chancen für den Angeklagten gering ausfielen, so stimmten doch alle Besucher:innen dafür, Friedrich Feigenbaum eine neue Chance zu geben und ihn damit vor dem Tode zu bewahren.

Das „Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum“ aus Lukas 13, 6-9 steht im Zusammenhang einer Mahnung Jesu zur Umkehr. Nimmt man den Feigenbaum als Bild für einen Menschen, heißt das: Er soll durch Zuwendung (das Umgraben und Düngen) zur Umkehr, d. h. zur Erfüllung seines eigentlichen Lebenssinnes (Frucht zu tragen) gebracht werden. Diesen Sinn soll er an dem Ort leben, wo er ist.

Zum Abschied bekam jeder Besucher:in zwei kleine Düngestäbchen mit der Botschaft des Abendgottesdienstes „Gott gräbt mein Leben um und düngt es mit seinem Wort. Mit ihm an meiner Seite kann ich nur gute Frucht bringen“.

Musikalisch begleitet wurde der Gottesdienst von Organist Konrad Hartmann (Kaltennordheim) an der Orgel. Im Anschluss an den Gottesdienst blieb noch Zeit, um bei sommerlicher Abendstimmung einen Einblick in die Kirchgemeinde zu bekommen und miteinander im Gespräch zu sein.