06.05.2024
Feuer und Flamme für Kirche: Die Jugendlichen im Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach
„Ev.-Luth. Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach“ steht hinten auf ihren Hoodies. Weiß auf schwarz. Daneben das Logo der EKM.
Alle Mädels haben den Pulli heute angezogen, zum Interview-Termin mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der EKM. Zu acht sind sie gekommen und sitzen jetzt zusammen, am langen Tisch in der Suptur, mitten in der Altstadt von Bad Salzungen. Den Hoodie tragen sie aber nicht nur, weil heute „die Presse“ da ist. Kirche ist Teil ihres Alltags, Teil ihrer Freizeit.
Mia, Marleen, Sarah, Marie und Johanna sind 13 oder 14 Jahre alt und stehen kurz vor ihrer Konfirmation. Pauline (16), Rike (18) und Anna-Lena (17) haben diese längst hinter sich, machen im kommenden Jahr Abi bzw. sind schon mitten in der Ausbildung. Gemeinsam ist den acht Mädels: Sie alle sind Teil des „SPIRIT NOW“-Teams. So heißt der Jugendgottesdienst, der zweimal im Jahr im Kirchenkreis stattfindet, immer in einer anderen Kirche, im Frühjahr und im Herbst. Das Prinzip ist klar und einfach: Es ist ein Gottesdienst von Jugendlichen für Jugendliche. In mehreren Planungstreffen wird ein Thema festgelegt. Beim letzten Gottesdienst im März war es zum Beispiel „Sei Feuer und Flamme“. Dann werden die Aufgaben verteilt, erzählt Pauline: „Wir machen die Begrüßung, wir schreiben die Fürbitten selbst. Wir haben meistens eine Band, also Livemusik, die auch aus dem Kirchenkreis kommt. Und auf die können wir auch immer zurückgreifen. Dann suchen wir auch die Lieder aus.“ Die hauptamtlichen Mitarbeiter des Teams spielen bei „SPIRIT NOW“ nur eine Nebenrolle, ganz bewusst. Selbst die Predigt schreiben die Jugendlichen. „Manchmal sprechen die Pfarrer auch mal eine Fürbitte und eben den Segen. Aber wirklich nicht viel. Der Fokus liegt auf den Jugendlichen.“
Das Konzept ist ein ganz anderes als das der üblichen Sonntagmorgen-Gottesdienste. Das fange schon bei der Begrüßung an, erklärt Pauline: „Wir haben manchmal kleine Schauspiele am Anfang oder einen Filmausschnitt. Bei unserem ‚Sei Feuer und Flamme‘-Gottesdienst hatte jeder eine Wunderkerze und hat erzählt, wofür er brennt. Wir versuchen, das interessant zu gestalten.“ Das evangelische Gesangbuch zum Beispiel bleibt bei „SPIRIT NOW“ im Regal. Gesungen werden Lieder, die eingängig sind, moderne Melodien, die jeder schnell drauf hat, sagt Rike. Lobpreislieder zum Beispiel. Oder „Die Zeit ist jetzt“ vom Kirchentag in Nürnberg: „Dann steht auch mal die ganze Kirche da und klatscht im Takt. Da sitzt man nicht nur einfach da und singt das Lied.“ Und Marleen ergänzt: „Das hörst du einmal und kannst es auswendig. Weil es einfach so eingängig ist.“
Zu den „SPIRIT NOW“-Gottesdiensten kommen immer rund 200 Leute. Es sind meistens auch ein paar Ältere dabei. Die waren anfangs erst mal skeptisch, erinnert sich Pauline, weil ja kein Pfarrer die Federführung hat: „Aber sie merken dann, dass da doch ganz kluge Ideen dabei sind.“
Viele Konfirmandinnen und Konfirmanden kommen nach der Konfirmation nur noch selten in die Kirche. Verwunderlich sei das nicht, findet Pauline: „Ich glaube, es ist ganz wichtig, was zu verändern. Wenn wir das Konzept so lassen: Am Sonntag ist Gottesdienst, und dann predigt der Pfarrer, dann wird das auf Dauer nicht mehr funktionieren.“ Man müsse Lust machen auf Kirche, mit den Jugendlichen auf Augenhöhe. Nicht nur an die Erwachsenen denken oder die Familien. In den Jugendgottesdiensten kommen wir zu Wort, es ist unter Stil, sagen auch Marleen, Mia, Sarah, Johanna und Marie, die jüngeren Mädels also. „Das spricht uns Teenies einfach viel mehr an, die Musik, die Predigt, die Fürbitten. Einfach alles.“
Ein bisschen was von den „SPIRIT NOW“-Gottesdiensten versuchen die fünf Fast-Konfirmierten auch in die sonntäglichen Familiengottesdienste in ihrer Kirchengemeinde in Geisa (Pfarrbereich Vacha) einzubringen. Die bereiten Marleen, Mia, Sarah, Johanna und Marie nämlich auch regelmäßig mit vor, zusammen mit einer Gemeindepädagogin. Zuerst haben sie vor allem bei den Fürbitten mitgewirkt. Mittlerweile übernehmen sie immer wieder auch die Lesung, suchen Lieder raus, animieren im Gottesdienst die Besucher zum Mitsingen und dazu, sich auch mal zu bewegen, nicht nur einfach in der Kirchenbank zu hocken. „Mittlerweile sind wir so weit, dass sie uns ein Thema geben könnte, und wir könnten zu fünft den kompletten Gottesdienst schmeißen. Wir haben viele Ideen, wir sind sehr kreativ, wir würden das schon rocken“, sagt Marleen selbstbewusst. Sie könnten zum Beispiel auch den Segen übernehmen: „Das kommt aber bei unseren älteren Kirchenomis nicht so gut an. Die möchten lieber, dass das der Pfarrer macht.“
Einmal in der Woche treffen sich die Konfis mit der Gemeindepädagogin, um die Familiengottesdienste vorzubereiten. Kirchengemeinde statt Bummel durch die Stadt? Oder Kino? Wird man da nicht schief angeguckt von Gleichaltrigen? Manchmal schon, sagen die Mädchen. „Die verstehen einfach nicht, dass diese Vorbereitung zusammen schon Spaß macht, zum Beispiel, dass wir auch kleine Spiele einbauen und einüben für den Gottesdienst. Zusammenarbeiten und kreativ sein, das macht total viel Spaß“, sagt Mia. Und mitmachen anstatt nur in der Kirchenbank zu sitzen, sei einfach viel besser, ergänzt Sarah: „Manchmal, wenn du einfach nur in der Kirche sitzt und dem Gottesdienst zuhörst, wenn der Pfarrer ganz normal redet, ist es viel langweiliger. Wenn du aber dabei bist und beim Gottesdienst mitmachst, dann macht das viel mehr Spaß, weil du eben nicht nur stur dasitzt und zuhören musst.“
Übrigens: Der nächste Jugendgottesdienst „SPIRIT NOW“ findet am 23. August 2024 (19 Uhr) im Schlossgarten in Geisa statt - erstmals als Open-Air-Gottesdienst.
(Solveig Grahl)